Liebe Landsleute,
es ist jetzt 77 Jahre her, dass wir Heimatvertriebene zum letzten Mal Weihnachten in der alten Heimat feiern konnten. Der Schnee bedeckte unsere schönen Berge und Täler der Heimat. Die Kirchen waren weihnachtlich geschmückt und die alten, trauten Weihnachtslieder klangen durch die Heilige Nacht.
Es ist wieder Weihnachten und unsere Gedanken gehen zurück an eine kalte, dunkle Stube. Der Raureif an den Wänden lässt uns frösteln. Der kleine Ofen in der Ecke kann die feuchte Luft im Raum kaum erwärmen und die Kälte dringt durch die Kleider bis auf die Haut. Diejenigen, die sich besorgt über unser Strohlager beugten, auf dem wir frierend, hüstelnd, krank und geschwächt lagen, können nicht mehr berichten. Und manche Träne, die über die Wange der umsorgten Eltern rann, landete auf der Decke, in der wir gewickelt waren. Die Glocken, die zur späten Heiligen Messe läuten, lassen den Schmerz der Armut und des verlassen sein noch größer werden und legt sich wie ein schwerer Schatten auf die Seele einer großen Familie in einem von Dunkelheit durchzogenen Raum.
Kein Baum oder grüner Zweig, keine Christbaumkugel oder gar Plätzchen erinnern dieser Tage an Weihnachten. Es war die Wehmut, die bittersüße Erinnerung an Weihnachten daheim, die unsere Eltern, oftmals nur die Mutter, in dieser unwirklichen Zeit Mut und Zuversicht schöpfen ließen, um uns in eine bessere Zukunft zu führen.
Wir feiern Weihnachten, wir, die damals auf Stroh gebettet waren oder umschlungen in Mutters Schoß eng an ihren Körper ihre Wärme spürten. Diese Mutterwärme, ein tröstendes Wort, ein Streichholz, das gezündet wurde, oder der Schein einer Kerze in dieser Heiligen Nacht, ließen diesen Abend trotz der Armut ein wenig erträglicher und friedlicher erscheinen.
Liebe Landsleute,
aus der Stimmung der Vorfreude auf ein Wiedersehen im nächsten Jahr, grüßen wir alle Landsleute mit Angehörigen, Freunden und Förderern aufs herzlichste, wünschen ein frohes Weihnachtsfest und viel Gesundheit im kommenden Jahr 2023.
Feiern wir das Fest der Familie besinnlich im Kreise unserer Angehörigen vergessen dabei auch unsere älteren und schwachen Landsleute nicht, die krank, vergessen und einsam auf ein Zeichen, ein glückvolles Wort oder einen warmen Händedruck in ihrer Einsamkeit an diesem Heiligen Abend warten.
Möge Euch, liebe Landsleute, das Weihnachtsfest alle stärken, erfreuen und trösten, uns daheim in Deutschland und drüben, die Bewohner unseres Egerlands.
Willi Rubick
Wilhelm Rubick, Egerer Landtag e.V.